Dienstag, 21. Juni 2011

Kein Lama

Herr Hausen ist intimer Kenner der lateinamerikanischen Küche und schlug daher vor, dass wir ein peruanisches Restaurant aufsuchen, wo es allerdings kein Lama geben würde. Fand ich nicht schlimm, zu Lamas fällt mir immer nur ein, dass Spucken auch keine Lösung ist. Gleichwohl suchten wir das Nasca in der Enhuberstraße auf und gemäß der Website erwartete ich das Übliche: loungiges München-Interieur, zu teure Küche und unerträgliches Publikum. Erstaunlicherweise war der Laden leer, bis auf ein Pärchen, Herrn Hausen und mich (nachdem das Pärchen sich verzogen hatte, waren wir allein). Da der gemeine Local sich ja gern in Lokalen aufhält, machte mich das dann schon etwas misstrauisch. Als Herr Hausen als Entree eine Pisco Sour (peruanisches Nationalgetränk mit Eiweiß) bestellte, war ich noch befremdeter. Das gab sich aber schnell, denn ein Pisco Sour auf nüchternen Magen löst die Stimmung. In sehr gelöster Stimmung bestellten wir Aji de Gallina, das sich am einfachsten als eine Art Chicken-Curry beschreiben lässt, der Köstlichkeit, feinen Schärfe und interessanten Zusammensetzung des Gerichts jedoch nicht gerecht wird und Ceviche. Ceviche ist roher Fisch in einer unglaublichen Marinade (sauer, scharf, scharf, scharf) und jeder Menge absurder Beilagen, allerdings weitgehend ohne Kohlenhydrate, was die Wirkung des Pisco Sour verstärkt. Der hierzu getrunkene peruanische Sauvignon Blanc war gut, aber nicht herausragend, etwas harzig vielleicht. Das Wichtigste an diesem Abend war der lauwarme Schokokuchen (pastel de chocolate hecho en casa con crema batida) zum Nachtisch. Es gibt wenig Gerichte, von denen ich wochenlang erzähle (der Spinat im Cochon Bourgeois, die Avocado-Gurken-Vorspeise bei E.T.A. Hoffmann) und dieser Kuchen gehört definitiv dazu. Weich, fast roh, so schokoladig als hätte man der Schokolade erzählt, sie solle sich per method acting in Schokolade hineinversetzen und...ja, mir fehlen die Worte. Also egal was man macht, man sollte im Nasca einen Pisco Sour trinken und einen Schokoladenkuchen essen. Oder zwei. Ein guter Test für echte Freundschaft ist es, ein Stück zu bestellen und zu warten, wer den letzten Happen isst.

Samstag, 9. April 2011

Ambivalenzen BOP V

Ich war schon ein paar Mal da.
Ich habe nicht darüber geschrieben, weil ich Angst hatte.
Angst, dass meine Lieblingspizzeria, unangefochtener Gewinner der BOP, überrollt werden könnte.
Angst, dass ob des Erfolges die Qualität leiden könnte.
Aber an dieser Stelle fühle ich mich meiner BOP-Ethik verpflichtet und verkünde daher die Wildcard für das 'grano'. Denn erstens startet es außer Konkurrenz - die andere Isarseite ist beim besten Willen nicht mehr Haidhausen. Andererseits ist man von München aus ja in zwei Stunden in Italien und von daher in weniger als fünf Minuten auf der anderen Isarseite (verschobenes Raum-Zeit-Kontinuum in Bayern). Gestern war ich mithin mit Mr. P. endlich wieder auf Pizza-Test-Wegen und nahmen zwei Sprizz, die man dort wirklich auch ohne Ray-Ban-Brille trinken darf, auf den orange-roten Plastikstühlchen (innen gibt es wunderschöne weiß-rot-karierte Tischdecken) Platz und zudem eine Lardo (mit Zimtspeck) und eine Carciofi (Artischocken und Oliven) (jeweils ca. 8 Euro) sowie einen kleinen Salat (3,50 Euro). Die Pizza kommt hauchdünn, mit knackigem Rand, leicht scharfer Tomatensauce, Mozzarella (aber nicht überladen) und jeweils maximal drei Zutaten. Das ist wohltuend, denn eine quattro-stagioni überfordert ja mitunter (was hab ich da gerade im Mund - Pilze, Schinken oder Kaugummi?). Das Ambiente ist unvergleichlich, voll, quirlig, mit leider einem leichten Post-Shopping-Koma-Personen-Übergewicht und Perlenvorhang. All das wirkt weder aufgesetzt noch angestaubt sondern einfach liebenswert und zudem arbeitet dort außergewöhnlich attraktives Personal. In jeder Hinsicht einen Ausflug wert. Und wer es dann doch lieber traditionell in HH braucht, der geht eben ins La Piazzetta.

Montag, 21. Februar 2011

stay calm at the blue nile

Man lernt Menschen gut kennen, wenn sie hungrig sind. Als ich mit Herrn Hausen im Blue Nile verabredet war, einem hoch gelobten äthiopischen Restaurant in Schwabing, konnte er gerade so eine Reservierung für 20:30 heraushandeln. Ob paralleler Erfahrungen mit anderen äthiopischen Restaurants brachten wir nicht nur mächtigen Hunger mit, sondern auch eine gewisse Gelassenheit. Eine gefühlte halbe, reale viertel Stunde warteten wir im Eingangsbereich, weil unser Tisch noch nicht frei war. Ok. Eigentlich mal ganz gut, wenn Freundschaften auf die Probe gestellt werden, aber vielleicht sollte ich anmerken, dass ich ein gewisses Aggressionsniveau habe, wenn ich hungrig bin. Wie dem auch sei: wir bekamen schließlich unseren, mehr körperliche Nähe erfordenden Tisch, wählten in rasendem Tempo einen Sauvignon Blanc aus - ach - Südafrika, der für 17,00 Euro ordentlich schmeckte und eine gemischte Platte. Diese schmeckte original so wie in der Kohlfurter Straße, was mir offen gestanden ein Stück Heimatgefühl gab. Insgesamt gab es nichts auszusetzen, weder am Essen noch am Abend und auch das Warten hat sich gelohnt. Das nächste Mal bringe ich mehr Gelassenheit mit.

Sonntag, 20. Februar 2011

wie Zuhause

Eines der ersten Cafés die ich entdeckte, als ich noch neuer in München war, war das Hüller. Eher zufällig, aber mit bunten Fähnchen kann man mich immer locken. Im Sommer war ich mithin häufiger im 'Hüller', nicht zuletzt wegen des guten Frühstücks (tolles Rührei), der leckeren Kuchen, dem tollen Obstsalat (frisch zubereitet). Erst vor kurzem habe ich es dann auch als Mittagspausenladen identifiziert. Mittags gibt es immer ein sehr leckeres (fast immer vegetarisches) Gericht für knapp sechs Euro, allerdings besteht hier die Gefahr der ungebührlichen arbeitgeberfeindlichen Mittagspausenverlängerung. Inzwischen gibt es zudem einen festen Abend, an dem ich im Hüller bin, aufgrund privater Verpflichtungen. Als die Bedienung beim dritten Mal wusste, welchen Wein wir trinken, schlug die Verpflichtung vor, dass wir mal einen andere Laden ausprobieren. Jetzt sind wir wieder im Hüller. Zu Hause ist es eben doch am schönsten.

Sonntag, 9. Januar 2011

Besonders nicht besonders....Le Bousquerey

Besondere Anlässe erfordern besondere Maßnahmen und so überwand ich gestern den pietistischen Schwaben in mir und feierte die Erlangung eines akademischen Grades in einem französischen Restaurant. Für die Non-Locals: In Haidhausen gibt es das so genannte "Franzosenviertel" wo sich nicht nur französische Restaurants sondern auch Feinkosthändler angesiedelt haben. Die Rablstraße bildet dabei ein Epizentrum der französischen Küche mit drei Lokalen in unmittelbarer Nachbarschaft. Alle drei sind nicht wirklich billig, wobei es auch hier interne Differenzen gibt. Glaubenskriege entfachen sich insbesondere bei der Frage, welches der drei: Atelier Gourmet, Le Bousquerey oder au comptoir de Loic das beste sei. Ich verlasse mich hierbei wie stets auf vertraute Insiderquellen und - das mag ein Fehler sein oder nicht - auf meinen dann in Ermangelung der Erinnerung an das mir Empfohlene - auf mein Bauchgefühl und die Eigenschaft, dass ich in der Regel nicht reserviere.
Ich war mir demnach gestern sicher, dass mir das Bousquerey empfohlen wurde oder auch nicht und es gab noch Platz. Ich hatte Hunger und wollte feiern. Brauche ich mehr Gründe?

Man kann zwischen einer normalen Karten und Menüs wählen, die jeweils für die, später detaillierter beschriebene, Qualität, als preiswert gelten können. Ein normales 3-Gang-Menü kostet 32 Euro, 5 Gänge 42 und 5 Gänge Überraschung mit Wein 59. Und ich nehme das nächste Mal das 5-Gänge Menü.

Zunächst kam das Thunfischtartar (bedauerlicherweise nahm Partycrowd das gleiche Menü). Frisch, extrem zart und mit einem Dressing, dessen Herkunft ich lange identifizieren musste. Am Ende glaubte ich, schlicht Curry und schwarzen Pfeffer erkannt zu haben, aber ich kann mich irren.

Der Hauptgang kann bei Menüs zur Enttäuschung werden. Ist bei der Vorspeise der Hunger groß und die Erwartung offen, die Vorspeise aber sehr gut, kann der Hauptgang nur abfallen. Bei einer Rotbarbe mit Zitronen-Ruccola-Soße, einem Polentaküchlein und geschmortem Gemüse ist das Polentaküchlein das große Risiko. Es kann pappig werden, zu lasch, zu dunkel...So ein Polentaküchlein kann einem den Abend verderben. Nicht so hier: roter Pfeffer, Senfsamen, kross, locker - ja gar luftig - kam das Polentaküchlein daher, der Fisch fein angebraten, die Soße perfekt ergänzend, so muss das sein.

Beim Dessert hatte ich Partycrowd etwas voraus, der sich nämlich in einer unüblichen Abgrenzung für die Mousse auf chocolat blanc entschied, während ich den Sorbetteller wählte. Von links nach rechts vereinten sich drei Kügelchen aus Mango, Kiwi und Cassis-Sorbet nebeneinander, die in Folge genossen zu der Örtlichkeit unangemessenen Geräuschen führten. Die Mousse wirkte demgegenüber etwas lieblos, aber dafür kann ich ja nichts. Insgesamt boten die Speisen ein unkompliziertes aber außergewöhnlich schmackhaftes Ensemble, das nicht auf der Karte mehr versprach als geboten wurde sondern stattdessen in seiner Bescheidenheit glänzte. Und auch wenn es jetzt zu lang wird: der Service ist unkompliziert, extrem aufmerksam, nicht aufdringlich. Wohl werde ich nie wieder so einen netten Oberkellner finden wie den im E.T.A. Hoffmann, aber es muss auch schöne Erinnerungen geben.

Alles in allem ist Le Bousquerey empfehlenswert für den perfekten Abend. Sicher: Garderobe und spätere Abendgestaltung beinhalten zwar Risikofaktoren, aber man kann ja nicht alles kontrollieren.

Samstag, 18. Dezember 2010

categorize me


Wie gesagt ist das allein essen gehen in München weder üblich noch führt es zum Gefühl, etwas Normales zu tun. Ob dieser desperaten Situation zieht es mich mitunter in Etablissements, die ich Freunden nie zumuten würde und das kann auch zu Überraschungen führen. 'Gast' heißt ein Restaurant am gasteig und verspricht Pasta, Reis und Pizza. Beim Eingang erhalte ich eine Karte die mich als "gast" ausweist, ich bin froh, dass ich keine "Kellnerin" Karte bekommen habe. Wobei, so ein Nebenjob...Na, zurück zum Essen. Ich finde einen Tisch, an dem ich (wirklich typisch für diese Stadt) gleich angesprochen werde "Entschuldigen Sie, Sie sitzen hier ganz allein" ich "Ja! (erwartungsfroh) "Würde es Ihnen etwas ausmachen, sich dort drüben hinzusetzen, ich erwarte einen größere Gruppe" "Natürlich nicht! Diskriminieren Sie mich ruhig weiter, Sie blöde sozial integrierte Bergziege" hätte ich sagen wollen, doch dann sprang mir eine Kellnerin bei, die die zudringliche Dame an einen anderen Tisch verfrachtete. gast sein heißt, dass ich das Anrecht auf einen Tisch habe.
Man kann sich bedienen lassen im gast, das kostet 10% mehr, worauf die Kellnerinnen mich aber nur auf Anfrage hinweisen. Ich hatte daher zunächst den Eindruck, ignoriert zu werden, bis ich gewahr wurde, dass die Kellnerinnen nur nicht aufdringlich sein wollen. Man kann sich auch selbst bedienen und erhält dann für wenig Geld Pizza, Pasta oder Reis auf einem Niveau, das dem Preis angemessen ist.

Dienstag, 23. November 2010

Cafe HaidHAUSen haha

Nicht wenige Ambivalenzen (sorry) verbinden mich mit dem Café Haidhausen. Es ist der einzige Laden für mich in Fallweite, es gibt zu Essen und zu Trinken und es ist angenehm unprätentiös (wobei...). Also: Ich brauche ja immer einen Laden in der Nähe, wo ich, wie dereinst im gräfekiez mal Lesen gehen kann, rumhängen, na dies und das tun eben.
Dafür ist das Café Haidhausen eigentlich zu teuer, zu laut, zu schlechte Musik, zu schnöseliges Personal...Das Personal hat den für mich üblichen München-Schicki-Charme ("was darfs denn sein, Ladies" - ich drehe mich irritiert um und frage mich, mit wem der Mann redet). Aber dann gibt es eben auch Lichtblicke in der Ödnis.
Ich war mit Frau Giese frühstücken (neuerdings scheint das eine schlechte Angewohnheit von mir zu werden, eigentlich frühstücke ich nicht). Und überraschenderweise hat das Café Haidhausen eine zwar preisintensive (für München durchschnittliche)aber sehr ansehnliche Frühstückskarte. Ich wandte mich dem Yoga-Frühstück zu, bestehend aus Obstsalat mit Sojajoghurt, Soja-Café Latte und Rührei mit Ruccola zu, wo selbst das Rührei nicht zu verachten War. Rührei gehört, neben Bratkartoffeln, ja zu den meistutnerschätzten Gerichten in der Zubereitung. Da ich häufiger auf Reisen weile, kenne ich jedes Rührei von Castrop-Rauxel bis Zingst und muss sagen, dass labberig oft das Freundlichste ist, was einem dazu einfallen kann. Zurück zum Rührei in Haidhausen: es hätte zu Beginn etwas schärfer angebraten sein können aber sonst war es wirklich zugänglich.
Frau Giese wählte das italienische Frühstück, ebenfalls ganz vorzüglich und gemeinsam verbrachten die Ladies daher einen duften Morgen.
Also: never unterschätz your local Frühstücksdealer.