Sonntag, 9. Januar 2011

Besonders nicht besonders....Le Bousquerey

Besondere Anlässe erfordern besondere Maßnahmen und so überwand ich gestern den pietistischen Schwaben in mir und feierte die Erlangung eines akademischen Grades in einem französischen Restaurant. Für die Non-Locals: In Haidhausen gibt es das so genannte "Franzosenviertel" wo sich nicht nur französische Restaurants sondern auch Feinkosthändler angesiedelt haben. Die Rablstraße bildet dabei ein Epizentrum der französischen Küche mit drei Lokalen in unmittelbarer Nachbarschaft. Alle drei sind nicht wirklich billig, wobei es auch hier interne Differenzen gibt. Glaubenskriege entfachen sich insbesondere bei der Frage, welches der drei: Atelier Gourmet, Le Bousquerey oder au comptoir de Loic das beste sei. Ich verlasse mich hierbei wie stets auf vertraute Insiderquellen und - das mag ein Fehler sein oder nicht - auf meinen dann in Ermangelung der Erinnerung an das mir Empfohlene - auf mein Bauchgefühl und die Eigenschaft, dass ich in der Regel nicht reserviere.
Ich war mir demnach gestern sicher, dass mir das Bousquerey empfohlen wurde oder auch nicht und es gab noch Platz. Ich hatte Hunger und wollte feiern. Brauche ich mehr Gründe?

Man kann zwischen einer normalen Karten und Menüs wählen, die jeweils für die, später detaillierter beschriebene, Qualität, als preiswert gelten können. Ein normales 3-Gang-Menü kostet 32 Euro, 5 Gänge 42 und 5 Gänge Überraschung mit Wein 59. Und ich nehme das nächste Mal das 5-Gänge Menü.

Zunächst kam das Thunfischtartar (bedauerlicherweise nahm Partycrowd das gleiche Menü). Frisch, extrem zart und mit einem Dressing, dessen Herkunft ich lange identifizieren musste. Am Ende glaubte ich, schlicht Curry und schwarzen Pfeffer erkannt zu haben, aber ich kann mich irren.

Der Hauptgang kann bei Menüs zur Enttäuschung werden. Ist bei der Vorspeise der Hunger groß und die Erwartung offen, die Vorspeise aber sehr gut, kann der Hauptgang nur abfallen. Bei einer Rotbarbe mit Zitronen-Ruccola-Soße, einem Polentaküchlein und geschmortem Gemüse ist das Polentaküchlein das große Risiko. Es kann pappig werden, zu lasch, zu dunkel...So ein Polentaküchlein kann einem den Abend verderben. Nicht so hier: roter Pfeffer, Senfsamen, kross, locker - ja gar luftig - kam das Polentaküchlein daher, der Fisch fein angebraten, die Soße perfekt ergänzend, so muss das sein.

Beim Dessert hatte ich Partycrowd etwas voraus, der sich nämlich in einer unüblichen Abgrenzung für die Mousse auf chocolat blanc entschied, während ich den Sorbetteller wählte. Von links nach rechts vereinten sich drei Kügelchen aus Mango, Kiwi und Cassis-Sorbet nebeneinander, die in Folge genossen zu der Örtlichkeit unangemessenen Geräuschen führten. Die Mousse wirkte demgegenüber etwas lieblos, aber dafür kann ich ja nichts. Insgesamt boten die Speisen ein unkompliziertes aber außergewöhnlich schmackhaftes Ensemble, das nicht auf der Karte mehr versprach als geboten wurde sondern stattdessen in seiner Bescheidenheit glänzte. Und auch wenn es jetzt zu lang wird: der Service ist unkompliziert, extrem aufmerksam, nicht aufdringlich. Wohl werde ich nie wieder so einen netten Oberkellner finden wie den im E.T.A. Hoffmann, aber es muss auch schöne Erinnerungen geben.

Alles in allem ist Le Bousquerey empfehlenswert für den perfekten Abend. Sicher: Garderobe und spätere Abendgestaltung beinhalten zwar Risikofaktoren, aber man kann ja nicht alles kontrollieren.